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31.12.2021

Prämien- und Kostenentwicklung

Neuer Kostenschub: Stabile Prämien in Gefahr

Für das kommende Jahr sinken die Krankenkassenprämien im Schnitt um 0,2 Prozent. Doch der Blick in die Zukunft ist wenig verheissungsvoll: Nach einer dreijährigen Phase konstanter Prämien droht mittelfristig ein neuer Prämienschub. Denn die Kosten steigen stärker als erwartet. Jetzt braucht es energische Sparmassnahmen und einen intelligenten Tarif, damit die Kosten stabil bleiben.

In den letzten drei Jahren ist es endlich gelungen, das Wachstum der Prämienlast zu begrenzen. Nun droht eine Wende, die nicht zum Guten ausfallen dürfte. Denn die starken Kostensteigerungen kehren zurück: Von Januar bis September 2021 sind Mehrkosten von rund fünf Prozent zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung angefallen. Das zeigen die Zahlen der santésuisse-Tochter SASIS. Dabei sind die Ausgaben der Krankenversicherer für die Impfungen noch nicht einmal berücksichtigt. Diese belaufen sich bis dato auf mehr als 200 Millionen Franken. Die Kostenentwicklung ist einerseits von Nachholeffekten geprägt, andererseits kommen zusätzliche Ausgaben, auch aufgrund der Pandemie, hinzu.

Deutlich mehr Spitex-Leistungen
Die Corona-Pandemie hat bei der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) je nach Sektor ganz unterschiedliche Spuren hinterlassen. So verstärkte sich im spitalstationären Bereich der Trend stagnierender Kosten, der bereits vor Corona beobachtet worden war. Nicht alle zurückgestellten Eingriffe wurden auch tatsächlich nachgeholt. Eine Verlagerung ist auch bei der Langzeitpflege zu beobachten: Während im ersten Halbjahr 2021 die Spitexleistungen zunahmen, sanken die Pflegeheimkosten. Im ersten Semester 2020 stiegen die Kosten für Pflegeheim-Leistungen pro versicherte Person noch deutlich um über sieben Prozent gegenüber 2019. Anders dagegen im laufenden Jahr, wo sie gegenüber 2020 um über drei Prozent zurückgingen. Dafür resultierte bei den Spitex-Leistungen ein kräftiges Plus. Auch die Kosten der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sind deutlich gestiegen. Im vergangenen Jahr gingen sie noch um ein Prozent zurück, umso stärker fällt nun das Wachstum aus: Satte sieben Prozent beträgt es bei den frei praktizierenden Ärztinnen und Ärzten. Ähnlich die Situation bei Apotheken und Laboranalysen: Auch hier sind die Kosten mit sieben bzw. sechs Prozent deutlich gestiegen.

santésuisse-Versicherer zahlen 300 Millionen Franken
Alles in allem schätzt santésuisse die Kosten der Pandemie zu Lasten der OKP auf knapp eine Milliarde Franken. Diesen unvorhergesehenen Betrag können die Krankenversicherer mit den vorhandenen Reservepolstern auffangen, so dass es im Jahr 2022 sogar zu einer leichten Prämiensenkung kommt. Auch sonst dürfen sich die Prämienzahler freuen. Alleine die santésuisse-Versicherer haben sich bereit erklärt, Prämiengelder im Umfang von rund 300 Millionen Franken zurückzubezahlen.

Prämien sind längerfristig das Abbild der Kosten
Auf längere Sicht müssen, wie vom Gesetz gefordert, die Prämien die Kosten decken. In einem Jahr mag es Überschüsse, in einem anderen Defizite geben – langfristig gleicht sich das allerdings aus. Entstehen trotzdem Überschüsse und sind diese für den weiteren Reserveaufbau entbehrlich, werden diese Gelder direkt an die Prämienzahler zurückerstattet. Bezeichnenderweise war der letzte Rückgang bei den Prämien im Jahr 2008 nicht auf einen echten Kostenrückgang zurückzuführen, sondern auf einen Eingriff des Bundesrates bei den Reserven der Krankenversicherer, mit dem Prämien gedrückt wurden. Der Vergleich der damaligen Kostenentwicklung (vgl. Grafik) zeigt, dass die Prämien deutlich zu tief angesetzt waren und die Unterdeckung in den Folgejahren wieder mit erheblich höheren Prämien ausgeglichen werden musste.

Kostenanstieg gezielt angehen
Verschiedene Massnahmen zur wirksamen Dämpfung der Kosten liegen auf dem Tisch, allerdings hapert es bei der Umsetzung. So hat die eidgenössische Finanzkontrolle letztes Jahr festgestellt, dass die Verfahren im Rahmen von sogenannten Health Technology Assessments (HTA) zur Bewertung des Nutzens von umstrittenen Behandlungen noch kaum Resultate zeigen. Würden die laufenden Prüfverfahren alle umgesetzt, könnten gemäss Schätzung des BAG jedes Jahr unnötige Kosten in der Höhe von rund 600 Millionen Franken eingespart werden. Weiter hat die Finanzkontrolle festgestellt, dass die medizinische Notwendigkeit von Eingriffen durch die Kostenträger besser überprüft werden muss. Für santésuisse-Direktorin Verena Nold ist klar: «Mit der Verbesserung der Behandlungsqualität werden unnötige Leistungen vermieden und damit direkt Kosten gespart.» Anhand von Auslandpreisvergleichen hat santésuisse nachgewiesen, dass Medikamente und Laboranalysen in der Schweiz zu erheblich höheren Preisen als in den Nachbarländern abgerechnet werden müssen. Das ungenutzte Einsparpotenzial liegt im Milliardenbereich. «Die Rezepte zur Kostendämpfung sind längst vorhanden», sagt Verena Nold. «Pauschalen für ambulante Behandlungen durch Ärzte, tiefere Behandlungskosten für Medikamente und Laboranalysen sowie die Beschleunigung der Digitalisierung würden zu einer wertvollen Entlastung für die Prämienzahler führen.» 

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