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01.10.2022
Positionspapier
Reserven der Krankenversicherer als Stabilisator des Schweizerischen Gesundheitswesens
santésuisse lehnt sämtliche Vorstösse ab, da sie die Stabilität der ganzen Krankenversicherungs-Branche aufs Spiel setzen.
- Die Vorstösse suggerieren, dass die Krankenversicherer generell über deutlich zu hohe Reserven verfügen würden. Dies vermittelt der Öffentlichkeit ein völlig falsches Bild. Tatsächlich entsprechen die Reserven lediglich dem Gesamtbetrag von ca. drei bis vier Monatsprämien. Die Reserven im Ausgleichsfond der AHV betragen gesetzlich vorgeschrieben zwölf Monatsausgaben. Dies ist mehr als das Dreifache der Reserven der Krankenversicherungen. Sorge besteht, ob das Reserveniveau der AHV gehalten werden kann. Zu Recht fordert niemand eine Reduktion der AHV Reserven. Umso unsinniger ist eine Reduktion der bereits tiefen Reserven der Krankenversicherer.
- Eine gute Reservensituation der Krankenversicherungen ist die Basis für ein gut funktionierendes Gesundheitswesen, speziell während einer Krisensituation. Die Zahlungsunfähigkeit eines Krankenversicherers würde das Schweizer Gesundheitssystem im Krisenfall empfindlich treffen.
- Die Reserven bleiben im System, denn sie dürfen nur für die Vergütung von Leistungen des KVG verwendet werden. Reserven kommen auf jeden Fall den Prämienzahlenden zu Gute.
- Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Solvenzquote bei den Krankenversicherer von Jahr zu Jahr stark schwanken kann. Ein Rückgang der Solvenzquote von rund 50 Prozent innerhalb eines Jahres ist nichts Aussergewöhnliches. Wenig erstaunlich ist daher, dass nur wenige der rund 60 Krankenversicherer in der Schweiz eine Solvenzquote zwischen 100 und 150 Prozent aufweisen. Würden alle Versicherer ihre Reserven auf das dieses zulässige Mass abbauen, würde alle drei bis vier Jahre ein Versicherer zahlungsunfähig.
- Auch in einer Situation, in der ein Reserveabbau grundsätzlich möglich wäre, muss dies eine unternehmerische Entscheidung bleiben. Letztlich trägt der Krankenversicherer die volle unternehmerische Verantwortung. Nicht zuletzt sind beispielsweise aufgrund der Kundenstruktur, der Position im Markt und der Grösse eines Versicherers andere Anforderungen an die Reservehöhe zu stellen.
- Das Gesetz schreibt mit gutem Grund vor, dass die Prämien kostendeckend sein müssen. Ansonsten würde die Stabilität der OKP untergraben: Würden die Prämien nicht rechtzeitig an die Kostenentwicklung angepasst, müsste das Versäumte im Folgejahr durch markante Prämienaufschläge kompensiert werden. So geschehen 2008, als der damalige Bundesrat Pascal Couchepin die Krankenversicherer kurz vor der Finanzkrise zwang, die Prämien mittels Reserveabbau künstlich tief zu halten. Dies führte zu den höchsten Prämienerhöhungen seit Einführung des KVG 1996. Auch für 2023 ist mit stark steigenden Prämienerhöhungen zu rechnen. Bei einem nun faktisch erzwungenen Reserveabbau kann es zu unerwünschten Prämiensprüngen kommen.
- Die Risiken und die Unsicherheit über die künftige Entwicklung der Corona-Pandemie sind nach wie vor hoch (beispielsweise aufgrund neuer Behandlungsmethoden, regelmässiger Impfungen, höherer Lohnkosten für das Gesundheitspersonal, schwierigerem Inkasso aufgrund einer Wirtschaftskrise, Finanzmarktrisiken etc.). Ein automatischer Abbau der Reserven in unsicheren Zeiten ist ein Spiel mit dem Feuer.
Contatto
Philippe Gubler
Wissenschaftlicher Mitarbeiter Public AffairsDocumenti
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santésuisse ist der Branchenverband der schweizerischen Krankenversicherer. santésuisse setzt sich für ein freiheitliches, soziales und finanzierbares Gesundheitssystem ein, das sich durch einen effizienten Mitteleinsatz und qualitativ gute medizinische Leistungen zu fairen Preisen auszeichnet.