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29.09.2022

Auswirkungen von Covid-19

Weniger Kosten – aber nur vorübergehend

Eine neue Studie der Universität St. Gallen zeigt: Die Einschränkungen des Bundesrates zu Beginn der Corona-Pandemie führten zu einer deutlichen Reduktion der Gesundheitskosten zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP), die bis Jahresende nur zum Teil wieder aufgeholt wurde. Insgesamt sind die Gesundheitskosten für das Jahr 2020 rund drei Prozent tiefer. 

Die Corona-Pandemie hat das Gesundheitswesen der Schweiz auf eine harte Probe gestellt. Am 16. März 2020 erklärte der Bundesrat die ausserordentliche Lage nach Artikel 7 des Epidemiengesetzes (EpG). Ab dem 21. März 2020 war der Zugang zu Spitälern, Kliniken und Arztpraxen deshalb nur noch eingeschränkt möglich. Sie blieben zwar grundsätzlich geöffnet, mussten aber auf nicht dringend angezeigte medizinische Eingriffe und Therapien verzichten. Per 27. April 2020 wurden die Einschränkungen vollständig aufgehoben. Im Auftrag von santésuisse hat Prof. Dr. Christian Biener von der Universität St. Gallen nun die konkreten Auswirkungen der Massnahmen auf die erbrachten medizinischen Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) im Jahr 2020 untersucht. Seine Studie zeigt: Die Massnahmen des Bundesrates haben vorübergehend zu einer deutlichen Reduktion der Gesundheitskosten geführt. Insgesamt ist über alle Leistungserbringer, welche in der Studie einbezogen wurden, eine Kostenreduktion von über drei Prozent der zu erwartenden Kosten zu verzeichnen. Dieser Rückgang entspricht einem Betrag von 868 Millionen Franken. Abhängig vom Ausmass der Einschränkungen waren die Bereiche sehr unterschiedlich betroffen. Die stärksten Kostenreduktionen entfielen auf die Bereiche der Radiologie (- 12,6%), Psychiatrische Kliniken (- 11,7%), Kinder- und Jugendmedizin (- 10,5%), Angiologie (- 9,5%) und Physiotherapie (- 9,0%).  

Corona-Effekt im Fokus 

Zur Bewertung des Einflusses der Pandemie wurde die sogenannte «Excess Health Care Utilization» (EHC) erhoben – die Differenz zwischen den erwartbaren und realisierten Kosten in den Monaten März bis Dezember 2020. Analog zur Methodik des Bundesamtes für Statistik für die Bestimmung der Übersterblichkeit hat der Studienautor die saisonalen Muster aus den Behandlungskosten von 2009 bis 2019 herangezogen.  Mit seinen Massnahmen bezweckte der Bundesrat zu Beginn der Pandemie, dass in den Spitälern die Ressourcen für die Akutversorgung und speziell die Intensivpflege gesichert wurden. Entsprechend sind die Kostenreduktionen bei Leistungserbringern wie Rehabilitationskliniken, Zentrumsversorgung, Rheumatologie, plastische Chirurgie, Pneumologie und Pflegeheimen fast ausschliesslich durch die vom Bundesrat verordneten angebotsseitige Beschränkungen erklärbar. Diese Gruppe von Leistungserbringern zeichnet sich durch einen hohen Anteil an «nicht dringend angezeigten medizinischen Eingriffen und Therapien» aus, welche zudem nicht bis zum Jahresende, d. h. innert rund acht Monaten, nachgeholt wurden. Viele andere Leistungserbringer weisen jedoch auch einen substanziellen Anteil nachfrageseitig getriebener Kostenreduktionen auf. Zu nennen sind Chiropraktoren, psychiatrische Kliniken, Physio- und Ergotherapeuten. 

Fragen zu den längerfristigen Folgen von Nicht-Behandlungen bleiben 

Bereits in den Sommermonaten 2020 zeichneten sich indes deutliche Nachholeffekte ab. Dass nicht alle aufgeschobenen Leistungen nachgeholt wurden, könnte sowohl an Engpässen bei den Leistungserbringern als auch an der in gewissen Fällen nicht mehr gegebenen Dringlichkeit von früher geplanten Behandlungen liegen. Christian Biener regt in seinen Schlussfolgerungen zur Studie an, dass im weiteren Verlauf besonders die Bereiche mit einer grossen Reduktion der beanspruchten Gesundheitsdienstleistungen beobachtet werden sollten.  

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