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Corona-Pandemie
Gerüstet für die ausserordentliche Lage
Die Krankenversicherer tun alles dafür, ihre Aufgaben auch in der Corona-Krise zugunsten der Versicherten wahrzunehmen. Sollten die Kosten im Gesundheitswesen aufgrund dieser Pandemie steigen, verfügen die Kassen über Reserven, die für solche Fälle vorgesehen sind.
Die Schweiz ist im Ausnahmezustand; «Covid-19» verbreitet sich weltweit rasant und bestimmt unseren Alltag zunehmend. Während ein Grossteil der Geschäfte geschlossen ist und das soziale Leben mehr oder weniger still steht, setzt man in den Arztpraxen, Spitälern und Apotheken alles daran, den Ansturm kranker – und potenziell kranker – Menschen zu bewältigen und die Volksgesundheit so gut wie möglich zu schützen. In den ersten Wochen nach dem Pandemieausbruch standen verständlicherweise die menschliche und medizinische Seite im Fokus der Bevölkerung. Aber spätestens seit der Bundesrat am 16. März 2020 die Situation in der Schweiz als «ausserordentliche Lage» eingestuft hat, gewinnen die volkswirtschaftlichen, ökonomischen und logistischen Aspekte des «Lockdowns» massiv an Bedeutung.
Gut aufgestellte Kassen
Ein funktionierendes Gesundheitswesen braucht eine funktionierende Administration und viel profunde Expertise im Hintergrund. Es ist zentral, dass sich diese Prozesse auch in Krisensituationen bewähren. Die Schweizer Krankenversicherer sind für Notsituationen, wie sie uns derzeit «Covid-19» beschert, gerüstet. Die Kassen-internen Krisenpläne gewährleisten einen reibungslosen Ablauf der Leistungsabrechnungen und Kostengutsprachen. Auch dann, wenn das zu verarbeitende Leistungsvolumen überdurchschnittlich steigt und es gleichzeitig gilt, Tausende eigener Mitarbeitende vor einer Ansteckung so gut wie möglich zu schützen und dabei situationsbedingten familiären Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Für ausserordentliche Situationen verfügen die Krankenversicherer über Reserven, mit denen sie unerwartete Mehrkosten decken können. Die gesetzlichen Anforderungen stellen sicher, dass auch für einen Krisenfall ausreichend hohe Reserven vorhanden sind.
Reserven für aussergewöhnliche Situationen
Die Reserven liegen bei sämtlichen Krankenversicherern über der vom BAG als Aufsichtsbehörde verlangten Mindesthöhe. In der Gesamtsumme liegen die Reserven der Krankenversicherer bei gut acht Milliarden Franken. Die Gesamtausgaben der obligatorischen Grundversicherung betragen pro Jahr rund 33 Milliarden Franken. Um die Höhe dieser Reserven festzulegen, muss jede Versicherung jährlich in einem Solvenztest, den das Bundesamt für Gesundheit (BAG) konzipiert hat, nachweisen, dass mit den vorhandenen Reserven auch schwierige Situationen finanziell bewältigt werden können. Dabei wird versucht, die Risiken, denen ein Krankenversicherer im Laufe eines Jahres ausgesetzt sein kann, modellhaft zu quantifizieren und daraus abzuleiten, wie hoch die Reserven sein müssen, um auch ein Krisenjahr zu überstehen. Dazu werden einerseits die Risiken eines sogenannten «Normaljahres » quantifiziert und gleichzeitig rund zwanzig Szenarien «aussergewöhnlicher Situationen » berechnet, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auftreten können. Eines dieser Szenarien ist eine Grippe-Pandemie, die mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von zwei Prozent in das Reserven-Berechnungsmodell einfliesst.
Pandemieplan Schweiz
Um die aussergewöhnliche Belastung für einen Krankenversicherer im Pandemiefall ermitteln zu können, basiert der BAG-Solvenztest auf einem Modell mit konkreten Annahmen zu den Behandlungskosten von Ärzten, Spitälern und Intensivpflegeabtei- lungen. Grundlage für die Annahmen bildet der «Influenza-Pandemieplan Schweiz» des BAG: Das Modell geht von zusätzlichen Kosten zulasten der Grundversicherung aus, die vor allem durch zusätzliche Arztbesuche und Hospitalisierungen, teilweise mit Intensivpflege, verursacht werden. Im Falle des Corona-Virus wird sich jetzt möglicherweise zeigen, wie nahe an der Realität diese Annahmen sind.
Bewährungsprobe für Epidemiegesetz
Welche Kompetenzen Bund und Kantone im Pandemiefall haben, welche Eskalationsstufen mit welchen Massnahmen vorgesehen sind, diese Fragen beantwortet das «Bundesgesetz über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen», kurz Epidemiegesetz (EpG), das die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger am 22. September 2013 mit 60 Prozent Ja-Stimmen deutlich angenommen haben. Das Gesetz ist seit 2016 in Kraft und steht nun vor seiner Bewährungsprobe. Im EpG geregelt ist unter anderem die Finanzierung der behördlich angeordneten Massnahmen. Dazu gehören im medizinischen Bereich etwa die Finanzierung von epidemiologischen Abklärungen, Referenzlaboratorien oder die Beschaffung von Arzneimitteln. Diese Rechtssicherheit braucht es einerseits für die Versicherten: Sie sollen keinesfalls aus Angst vor allfällig ungedeckten Rechnungen auf notwendige medizinische Abklärungen verzichten – ein aus epidemiologischer Sicht gefährliches Verhalten. Anderseits sorgt die Rechtssicherheit bei den Leistungserbringern und Kostenträgern für klare Verhältnisse. Herrscht nämlich zwischen Bund, Kantonen und Krankenversicherern Einigkeit darüber, welche Kosten unter welchen Umständen von wem zu tragen sind, können die Leistungserbringer – insbesondere die Spitäler, Ärzte und Laboratorien – ihre Rechnungen korrekt ausstellen und einreichen. Auch Anfragen von Versicherten zu diesem Thema lassen sich dann schlüssig beantworten.
Finanzierungsfragen mehrheitlich geklärt
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat am 31. März 2020 Richtlinien für die Kostenübernahme von stationär in den Spitälern behandelten Coronapatienten erlassen. Damit sind für den stationären Bereich die Finanzierungsfragen geklärt. Weitere Fragen, die sich in der Krise gestellt haben, wurden unter Einbezug der santésuisse-Expertise vom BAG rasch und pragmatisch gelöst, beispielsweise das verstärkte Bedürfnis nach Telefon- und/oder Videokonsultationen. Bereits zuvor hat das Eidgenössische Departement desInnern (EDI) die Vergütung der Coronavirus-Tests geregelt. Demnach vergütet die obligatorische Krankenpflegeversicherung den Diagnostiktest des «Virus SARS-CoV-2» zu einem Preis von 180 Franken. Allerdings gilt diese Leistungspflicht nicht, wenn sich die Tests auf epidemiologische Abklärungen beziehen. Konkret hat das EDI die Vergütungspflicht für Diagnostik wie folgt geregelt:
- Die Grundversicherung übernimmt die Analysekosten für die symptomatischen Patienten mit schweren Symptomen oder erhöhtem Komplikationsrisiko. Die Indikation ist medizinisch bedingt. Die Kostenbeteiligung – Franchise und Selbstbehalt – ist wie bei allen anderen Krankheiten geschuldet.
- Die Kantone übernehmen die Analysekosten im Falle einer angeordneten Untersuchung zum Schutz der Bevölkerung gemäss EpG. Wenn also die Analyse bei symptomatischen Patienten verordnet wird, die gleichzeitig Gesundheitsfachpersonen oder Pflegepersonal von Alters- oder Pflegeheimen sind. Oder wenn der Kantonsarzt die Analyse bei einer beschwerdefreien Person verordnet.
- Die versicherte Person trägt die Kosten vollumfänglich, wenn weder eine medizinische noch eine öffentliche gesundheitliche Notwendigkeit für die Analyse besteht.