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06.07.2021

Editorial von Roger Scherrer, Geschäftsführer tarifsuisse ag

Innovation und Tarife - ein Widerspruch?

Die Corona-Krise gibt uns allen einen eigentlichen Digitalisierungsschub. Stärker als vor der Krise sind die allermeisten von uns mit Video-Konferenzen, virtuellen Anlässen und automatisierten Prozessen konfrontiert. Der Fortschritt hält also bei uns allen Einzug.

Im Bereich der ambulanten Tarifstrukturen herrscht demgegenüber seit Jahrzehnten Stillstand. Die Möglichkeit, Tarifstrukturen anhand reeller (Kosten-)Daten weiter zu entwickeln, wurde bisher kaum genutzt. Mit ambulanten Pauschalen besteht nun die Gelegenheit, den gordischen Knoten zu zerschlagen und eine realistische, auf objektiven und repräsentativen Daten beruhende Tarifstruktur für die Zukunft zu etablieren. Besonders erfreulich ist, dass das Parlament diesem Weg in der Sommer-session gefolgt und jetzt den ambulanten Pauschalen eine gesetzliche Grundlage gegeben hat. 

Berechnungsgrundlage für die Pauschalen sind umfangreiche Daten, welche die Leistungserbringer in das Projekt einbringen. So einfach die ambulanten Pauschalen für die Nutzerinnen und Nutzer daherkommen: Dahinter steckt viel Know-how von Tarif- und Datenspezialisten. Eine Weiterentwicklung tut not, denn für die Abrechnung von ambulanten ärztlichen Leistungen wird immer noch fast ausschliesslich der Einzelleistungstarif Tarmed eingesetzt. Er basiert auf einem Konzept aus den 1990er-Jahren, aus einer Zeit notabene, in der die Datenwelt noch weit weniger entwickelt war als heute. Wegen des technischen Fortschritts aber auch wegen der mangelhaften Datengrundlage vermag der Tarmed die heutige Realität in vielen Bereichen nicht mehr akkurat abzubilden.

Die künftigen ambulanten Pauschalen sind hier eine echte Innovation: Dank des umfangreichen Daten-Fundus können Pauschalen sehr genau abbilden, wie aufwändig eine bestimmte Behandlung in der Realität ist. Zudem ist es möglich, sie laufend der neuen Wirklichkeit anzupassen. Regelmässige Datenlieferungen bilden eine objektive Grundlage, die es erlaubt, dazuzulernen und daraus weitere Verbesserungen des Tarifs zu etablieren. In der stationären Akutsomatik und der Psychiatrie wurden im letzten Jahrzehnt Tarife eingeführt, deren Tarifstruktur dank der sehr soliden Datenbasis jährlich aktualisiert werden kann. Innovation gibt es eben doch, auch bei den Tarifen, die verbesserte Datenlage bietet uns hier neue Möglichkeiten. Höchste Zeit, dass endlich auch der ambulante Bereich davon profitieren kann.

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