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Massnahmen gegen zu hohe Medikamentenpreise sind überfällig
«Nirgends in Europa sind die Generika so teuer wie in der Schweiz», lautet das Fazit der heute publizierten Analyse des Preisüberwachers. Der jährlich von santésuisse erhobenen Auslandpreisvergleich der Medikamente bestätigt dessen Analyse. santésuisse schlägt als Gegenmassnahme vor, im Medikamentenmarkt mehr Wettbewerb spielen zu lassen und einen Festpreis für den Wirkstoff patentabgelaufener Medikamente einzuführen.
Versicherte zahlen in der Schweiz im Vergleich mit europäischen Ländern am meisten pro Kopf für kassenpflichtige Medikamente. Trotzdem werden Einsparungen, die durch Förderung von Generika möglich wären, nicht realisiert, obwohl Generika den Originalmedikamenten in qualitativer
Hinsicht ebenbürtig sind. Mit gutem Beispiel geht Dänemark voran: Die Qualität der verfügbaren kassenpflichtigen Medikamente ist ausgezeichnet, die Ausgaben pro Kopf aber um das Zweieinhalbfache tiefer als in der Schweiz. Die Dänen geben pro Kopf 278 Franken aus, die Schweizer Bevölkerung 694 Franken pro Kopf. In Dänemark beträgt der Anteil der Generika am kassenpflichtigen Medikamentenmarkt auch dank des Wettbewerbs 36 Prozent, in der Schweiz hingegen nur 15 Prozent.
Enges Verordnungs-Korsett behindert Wettbewerb
Ein Grund für den geringen Anteil an Generika in der Schweiz ist, dass der Markt überreglementiert ist und dadurch der Wettbewerb ausgeschaltet wird. Die Generika-Hersteller sehen sich mit einer ausufernden, komplizierten Liste von Anforderungen konfrontiert. Möchten Hersteller ein Generikum einführen, müssen sie alle beim Original vorhandenen Formen anbieten – wie etwa Kapseln, Tabletten, Infusion oder Tropfen. Diese verteuert die Einführung und verzerrt den Wettbewerb. Die Kosten dieses engen Verordnungskorsetts gehen zulasten der Prämienzahler.
Festpreise für patentabgelaufene Medikamente
Zusätzlich benachteiligt das schweizerische Vergütungssystem Generika. Preisüberwacher und santésuisse setzen sich deshalb dafür ein, die Regeln der Vergütung für patentabgelaufene Medikamente zu ändern. santésuisse schlägt vor, in der Grundversicherung (OKP) einen Festpreis für den Wirkstoff des Medikamentes festzusetzen, dessen Patent abgelaufen ist. Patienten, die ein anderes Medikament mit demselben Wirkstoff wünschen, dessen Preis über diesem Festpreis (Höchstpreis) liegt, bezahlen die Differenz selbst – ausser der Arzt verschreibt das teurere Präparat explizit aus medizinischen Gründen. Diese Massnahme erhöht die Attraktivität von Generika, die gegenüber Herstellern von Originalpräparaten benachteiligt sind. Letztere können bereits ein überteuertes Nachfolgepräparat auf dem Markt etablieren, bevor das Patent des Originalmedikaments abgelaufen ist. Dänemark und die meisten europäischen Länder wenden das System der Festpreise erfolgreich an. Laut dem Preisüberwacher könnten durch diese Massnahme jährlich 388 Mio. Franken eingespart werden. Die Zeit ist reif für Lösungen, die in europäischen Ländern, die mit der Schweiz vergleichbar sind, erfolgreich für Einsparungen und fairen Wettbewerb sorgen – ohne dass dabei der Patient Abstriche bei der Qualität hinnehmen müsste.
Gleich lange Spiesse für alle
Verstärkt wird die unbefriedigende Preissituation bei den Medikamenten in der Schweiz durch die Tatsache, dass nur die Pharmafirmen gegen die durch das Bundesamt für Gesundheit festgesetzten Preise Rekurs einlegen können. Sie nehmen dieses Vorrecht wahr, um einen möglichst hohen Preis für ihre Produkte zu erreichen. Das Rekursrecht, das Einsprachen gegen diese zu hohe Preise ermöglichen würde, geniessen weder die Krankenversicherer noch die Konsumentenschützer oder andere Organisationen. santésuisse fordert deshalb seit langem, dass diese ungleich langen Spiesse zum Nachteil der Konsumenten und Prämienzahler verschwinden müssen.