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Hindernisse zur flächendeckenden Verbreitung müssen abgebaut werden
Mit dem E-Patientendossier in die digitale Zukunft
Das elektronische Patientendossier (EPD) ist eine grosse Chance für unser Gesundheitswesen. Für den Erfolg des EPD ist entscheidend, dass alle Ärztinnen und Ärzte eingebunden sind. Es ist richtig, dass die Patientinnen und Patienten selber entscheiden können, ob sie beim EPD mitmachen oder nicht. Für Ärztinnen und Ärzte kann das nicht gelten, sie sollen das EPD anbieten müssen.
Eigentlich müssten Karteikarten und Telefax längst aus den Arztpraxen verschwunden sein. Die Realität zeichnet indessen ein anderes Bild. Gemäss dem vom schweizerischen Gesundheitsobservatorium OBSAN publizierten Bericht «International Health Policy Survey» von 2019 dokumentieren in der Schweiz nur zwei von drei in der Grundversorgung tätigen Ärztinnen und Ärzten die Krankengeschichte ihrer Patienten elektronisch. Im Vergleich mit zehn anderen Ländern stellt die Schweiz das Schlusslicht dar. Besonders hoch ist der Nein-Anteil bei den älteren Ärzten sowie bei Ärzten, die eine Einzelpraxis führen. Immerhin ist die Bereitschaft bei den jüngeren Ärztinnen und Ärzten, die eine Praxis neu übernehmen, sehr hoch, elektronisch zu dokumentieren. Eine zentrale Rolle in der Digitalisierung der Gesundheitsversorgung ist dem elektronischen Patientendossier (EPD) zugedacht. Offizieller Start des EPD war im April 2020, allerdings gilt es noch Hindernisse zu überwinden. Die Zertifizierungsverfahren der Anbieter des EPD und die hohen Anforderungen an den Datenschutz sowie an die Datensicherheit bremsen die Einführung. Diese Themen sind allerdings nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist die Bereitschaft wesentlicher Akteure zur Einführung des EPD. Während die Spitäler und Pflegeheime zur Einführung verpflichtet sind, fehlt eine Entsprechung für die Ärztinnen und Ärzte. Sie sind matchentscheidend für den Erfolg und die flächendeckende Einführung des EPD – doch viele von ihnen sind skeptisch.
E-Patientendossier verspricht bessere Qualität und Effizienz
Dabei kann das EPD qualitative Verbesserungen bringen, wie zum Beispiel einen rascheren Einblick in die Krankengeschichte bei einer Notlage, weniger belastende Doppeluntersuchungen und Effizienzgewinne. Um diese zu erreichen, ist die derzeit geltende sogenannte «doppelte Freiwilligkeit » aber hinderlich: Auch ambulante Leistungserbringer, die zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) abrechnen, sollen ihren Patientinnen und Patienten das EPD anbieten müssen. Der Bundesrat hat in seiner Antwort auf die Motion 19.3955 der Gesundheitskommission des Nationalrats eingeräumt, dass sich der Nutzen des EPD für die teilnehmenden Gesundheitseinrichtungen und Patienten erhöht, wenn das elektronische Patientendossier von allen am Behandlungsprozess beteiligten Gesundheitsfachpersonen genutzt wird. Weiter ist sich der Bundesrat bewusst, dass sich die doppelte Freiwilligkeit sowohl kurz- wie auch langfristig negativ auf die Verbreitung des EPD im ambulanten Bereich auswirken kann.
Digitialisierungs-Schwung nutzen
Die Corona-Pandemie hat der Öffentlichkeit gezeigt, wie wichtig eine beschleunigte Digitalisierung für das Gesundheitswesen ist. Mit dem elektronischen Patientendossier kann ein deutlicher Schritt in die digitale Zukunft getan werden. Die Ärztinnen und Ärzte sind aufgefordert, im Sinne der Patienten mitzumachen. Freiwilligkeit alleine wird nicht genügen; eine zwingende Verpflichtung zur Nutzung ist für eine flächendeckende Verbreitung des EPD unumgänglich.