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Kantonsübergreifende Steuerung der ärztlichen Versorgung und Verpflichtung der Kantone zum Eingreifen
Schlüsselelemente
Die Einschränkung der Anzahl Ärztinnen und Ärzte die zu Lasten OKP abrechnen, ist die mit Abstand wirkungsvollste Methode, um das übermässige Kostenwachstum im ambulanten Bereich zu bremsen. Das Einschreiten der Kantone bei Über- und Fehlversorgung darf deshalb nicht freiwillig sein. Die Krankenversicherer müssen das Beschwerderecht bei Nichteinhalten der Steuerungspflicht erhalten, da niemand anders die Kantone wegen ihrer Unterlassungen einklagen kann.
Der politische Wille für eine Fortführung einer Zulassungsteuerung für Ärzte ist, unabhängig davon, ob in der bisherigen oder einer neuen Form, ungebrochen. Die jetzige, befristete Zulassungssteuerung ist gültig bis zum 30. Juni 2021. Daraus ergibt sich eine zeitliche Dringlichkeit, um der im Parlament als «unendliche Geschichte» laufenden Lösungssuche für die Steuerung des ambulanten Angebots endlich ein Ende zu bereiten.
Bisherige Zulassungssteuerung hat Ziel verfehlt
Mit Kostendaten belegt ist, dass die bisherige Zulassungssteuerung das Ziel der Kostendämpfung nicht erreicht hat. Dafür war ihre Anwendung in den Kantone zu uneinheitlich. Eine wirksame Koordination unter den Kantonen kam nicht zustande. Ausser Acht gelassen wurden auch die realen Patientenströme beziehungsweise Versorgungsregionen. Vor allem bei den Spezialärzten reichen die von ihnen versorgten Gebiete in vielen Fällen weit über die Kantonsgrenzen hinaus. Weiter verhinderte die Zulassungsteuerung in vielen Fällen die Praxiszulassung nicht. Sie wurde allenfalls mit der verlangten dreijährigen vorangegangenen Spitaltätigkeit bloss zeitlich hinausgeschoben. Ins Gewicht fiel auch, dass die Zulassungssteuerung im ambulanten Spitalbereich – mit der oft genannten Ausnahme des Kantons Waadt – bisher nicht umgesetzt worden ist. Dies ist aus Kostensicht besonders problematisch,
weil eine Konsultation im Spitalambulatorium durchschnittlich doppelt so viel kostet wie bei niedergelassenen Ärzten. Es ist im Wissen um diese Mechanismen wenig zielführend, wenn Kantone zwar neue Praxen einschränken, aber die ausländischen Ärzte gleichzeitig an ihren Spitälern anstellen.
Kantone müssen bei überschiessendes Kostenwachstum einschreiten
Im Hinblick auf die definitive Regelung der Zulassungssteuerung durch die Kantone, die offensichtlich der allgemeinen Vertragsfreiheit der Krankenversicherer vorgezogen wird, muss die kostendämpfende Wirkung sichergestellt werden: Die Einschränkung der Anzahl Ärztinnen und Ärzte die zu Lasten OKP abrechnen, ist die mit Abstand wirkungsvollste Methode, um das übermässige Kostenwachstum zu bremsen. Sämtliche nachgelagerten Limitierungs- und Qualitätssicherungsprozesse vermögen keine ähnlich grosse Wirkung zu erzielen wie die unterbundene Abrechnung zu Lasten der OKP. Das Einschreiten der Kantone bei Über- und Fehlversorgung darf deshalb nicht freiwillig sein.
Kosten treibende Haltung des Ständerats
Die kantonalen Interventionen bei Überversorgung müssen verbindlich und in Koordination unter den Kantonen erfolgen. Um diese Verbindlichkeit zu sichern, sollten die Krankenversicherer ein Beschwerderecht erhalten. Die Gerichte verhindern dies mit der Argumentation, dass nur direkte private Interessen klageberechtigt seien: Damit können aktuell nur die Leistungserbringer gegen die Umsetzung der Zulassungssteuerung durch die Kantone klagen, nicht aber die Krankenversicherer als anwaltliche Vertretung der Prämienzahler, welche die finanziellen Folgen der kantonalen Zulassungspolitik bezahlen müssen. Der Nationalrat hat mit seinen Entscheiden die Wirksamkeit der Vorlage gewährleistet und damit die Voraussetzungen für weniger Kostenzunahme geschaffen. Der Ständerat droht nun, sollte er an seiner unausgewogenen Lösung festhalten, selber zum Kostenreiber zu werden.